Westblick-Serie „Pflege im Alter“: Schwierige Versorgung von Menschen mit Demenz

Anfangs sind die Betroffenen nur ein wenig vergesslich, später leben sie in ihrer ganz eigenen Welt. Bundesweit sind mehr als 1,4 Millionen Menschen dement, 300.000 davon allein in NRW. Für die Pflege ist Demenz eine der größten Herausforderungen für die Zukunft.

Ein kleines Büro im Dachgeschoss des ehemaligen Verwaltungsgebäudes eines Gussstahlwerks in Witten an der Ruhr ist der Arbeitsplatz von Christel Bienstein. Die 61-jährige Professorin leitet das Department für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke und forscht unter anderem nach neuen Konzepten für die Pflege von Demenz-Betroffenen. Wie wichtig diese Forschung ist, erfährt die gelernte Krankenschwester immer dann, wenn sie wieder als Nachtwache im Krankenhaus arbeitet. „Da war eine ältere Dame, die schrie die ganze Zeit. Und das war nicht nur für die Station und für die, die mit im Zimmer waren, schwierig, sondern ebenfalls für die Station oben drüber und die Station unten drunter“, berichtet sie von ihrer letzten Nachtschicht.

Pflege von Dementen erfordert viel Zeit und Geduld

Der Demenz-Patientin Beruhigungs- oder Schlafmittel zu geben, um sie ruhig zu stellen, war für Christel Bienstein keine Lösung. Da es während ihres Nachtdienstes in der Klinik ruhig war, haben sie und ihre Kolleginnen sich die Zeit genommen und sich intensiv mit der alten Frau beschäftigt. „Bei dieser Dame war es so, dass sie ihren Mann suchte, der schon lange verstorben war“, erzählt Christel Bienstein. Die ganze Nacht habe die Dame damit verbracht, ihren Mann auf der Station zu finden. Die Pflegekräfte hätten das zugelassen und ihr warmen Tee gebracht, damit ihr nicht zu kalt wurde. „Für die Dame war es wichtig, dass sie selbst dieses Gefühl hatte, sie sucht ihn, sie ist auf der Suche. Und da hat sie sofort aufgehört zu schreien.“

Gute ist Versorgung ist teuer

An dem Beispiel wird deutlich: Die Pflege von Demenz-Betroffenen erfordert viel Zeit und Personal. Das verursacht Kosten, die Betroffene und Angehörige oft nicht tragen können. Denn gerade im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz ist eine Versorgung rund um die Uhr nötig. Kaum eine Familie kann die aber leisten. Ein ambulanter Pflegedienst, der drei oder vier Mal am Tag kommt, reicht nicht aus. Einige Familien setzen dann Pflegekräfte aus Osteuropa ein, weil sie diese gerade noch bezahlen können. Aber auch das geht irgendwann nicht mehr, weiß die Pflegewissenschaftlerin Christel Bienstein und klagt: „Wir sind bisher in Deutschland relativ ideenlos an dieses Thema herangegangen.“ Das können wir uns künftig vor dem Hintergrund einer Gesellschaft, die immer älter wird, nicht mehr leisten.“

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